Inklusion ist nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Sport mehr als nur ein Schlagwort. Bei den internationalen Winter Deaflympics - einem alle vier Jahre stattfindenden Wettbewerb im Gehörlosensport des International Commitee of Sports for the Deaf – bewies unsere Kollegin Johanna Köttl eindrucksvoll, wie Vielfalt und Leistung Hand in Hand gehen können. Im nachfolgenden Interview erzählt Johanna von ihrer Leidenschaft zum Skifahren und ihren Eindrücken der Deaflympics.
Johanna, wie hat deine Reise als Leistungssportlerin begonnen und wie hast du deine Leidenschaft für den Skisport entdeckt?
Meine Reise als Leistungssportlerin begann bereits im Kleinkindalter, als mir mein Vater das Skifahren beibrachte und mich in Sachen Skisport sehr prägte. Viele meiner schönsten Kindheitserinnerungen sind mit dem Skifahren verbunden, insbesondere weil direkt hinter meinem Elternhaus ein Skilift ist und ich somit viel gefahren bin. Als Jugendliche bin ich durch meine beste Freundin zum Skiverein Union Aqotec Weißenkirchen gekommen, wo wir viel zusammen trainiert und an diversen Rennen wie den Bezirkscups und Landescups teilgenommen haben. Durch einen glücklichen Zufall entdeckte ich dann den Gehörlosenverband und hatte dadurch auch die Möglichkeit an Gehörlosenrennen teilzunehmen. Das öffnete mir die Tür zur Teilnahme an Europacup-Veranstaltungen und führte schließlich dazu, dass ich seit 2023 im Nationalkader vertreten bin.
Wie motivierst du dich selbst in Zeiten von Ruckschlägen und welche Strategien helfen dir, deine Bestleistungen abzurufen?
Ich bin der Meinung, dass der Spaß an der Sache einer der wichtigsten Faktoren ist. Ich bin einfach gerne auf Skiern unterwegs, egal ob am Renntag oder in der Freizeit. Meine Devise lautet, einfach versuchen gut Ski zu fahren und dabei schneller zu sein als die anderen – alles andere ergibt sich dann. Natürlich gibt es auch immer wieder Rückschläge, aber dann fokussiere ich mich auf die guten Leistungen, die ich bereits erreicht habe und dadurch scheint das Tief nicht mehr so groß zu sein.
Wie hast du dich auf die Deaflympics vorbereitet?
Ganz allgemein bereite ich mich in den Sommermonaten hauptsächlich mit Konditions- Koordinations- und Krafttraining vor. Im Herbst hat dann die intensive Trainingszeit für die Wintersaison begonnen. Ich bin fast jedes Wochenende auf den Skiern gestanden und vor allem die regelmäßigen Trainings unter der Woche waren neben meiner Vollzeitbeschäftigung bei STIWA zeitlich eine große Herausforderung. Doch, wie man sieht, hat es sich sehr gelohnt!
Wie hast du die Renntage in Erinnerung?
Die schwierigen Wetterverhältnisse haben unseren Zeitplan ein wenig durcheinandergebracht, die Rennen konnten dann aber unter fairen Bedingungen durchgeführt werden. Beim Slalom hatte ich zwar ein wenig Pech, aber der Riesentorlauf war einfach unglaublich. Es ist für mich überwältigend, dass ich die Bronzemedaille in den zwei Läufen für mich entscheiden konnte. Der knappe Kampf im Parallelslalom, bei dem ich den 4. Platz erreichen konnte, war für mich auch ein Highlight dieses Events.
Eine Medaille zu gewinnen hat mich wahnsinnig stolz gemacht und mir riesengroße Freude bereitet. Natürlich ist es auch gleichzeitig eine Bestätigung für die Aufnahme in das österreichische Nationalteam.
Welche Eindrücke der Deaflympics in Erzurum sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Es war eine tolle Veranstaltung. Das Skierlebnis, die ausgezeichneten Schneeverhältnisse, die Gastfreundlichkeit, die neu geschlossenen Freundschaften und das Ganze drumherum waren wirklich großartig!
Die nächsten Winterspiele sind für 2027 in Innsbruck geplant. Welche Pläne und Ziele verfolgst du dafür?
Eine konkrete Strategie habe ich noch nicht. Sicher ist, dass ich das Training im Sommer für den Winter intensivieren und so viele Schneetrainingstage wie möglich in der kommenden Saison absolvieren möchte. Mein Ziel für die kommende Saison is es, bei der Weltmeisterschaft der Gehörlosen, die nächstes Jahr in der Slowakei stattfinden wird, wieder ein Stockerlplatz zu erreichen.
Wie wichtig ist es für dich, nicht nur als Athletin, sondern auch als Botschafterin für gehörlose Sportler:innen aufzutreten und das Bewusstsein für ihre Leistungen zu fördern?
Es ist sehr wichtig, das Bewusstsein zu schaffen, dass wir als Gehörlose genauso Spitzensport betreiben können und wollen. Ich hoffe daher, dass wir in Zukunft mehr mediale Berichterstattung der klassischen und sozialen Medien - und somit auch mehr Aufmerksamkeit unserer großen Sportveranstaltungen bekommen. Die Gehörlosen-Sport-Community ist klein und fein. Daher möchte ich jeden ermutigen einfach mitzumachen.
Vielen Dank für das Interview! Wir wünschen dir auch weiterhin viel Erfolg beim Skifahren!
Infos zur Person:
Johanna Köttl ist 26 Jahre alt und arbeitet bei STIWA Automation GmbH im Bereich After Sales.